Tempel, Tuk-Tuks, Trotzanfälle: Part 1
Manni, das mürrische Mammut
Ich freue mich ja auf den Urlaub, aber nicht auf den Flug.” Diese Aussage hatte ich die letzten Wochen vor unserem Urlaub beinahe täglich gehört. Zum Teil konnte ich die Sorge meines Partners nachvollziehen. Der andere Teil hatte Muskelkater vom Augenrollen.
Unser Flug von Deutschland ging am frühen Nachmittag, was bedeutete, dass unser Sohn (1,5 Jahre) nur die kurze Strecke von zu Hause bis zum Flughafen für seinen Mittagsschlaf hatte. Eltern von Kleinkindern, die feste Routinen brauchen, kennen diesen leichten Anflug von Panik, der entsteht, wenn man diese Routine mal nicht einhalten kann. Mein Partner ging da noch etwas weiter. Er sah schon Wochen vorher so aus, als ob ihn ein immerwährender Nieselregen begleitete, der sich stetig über seinem Kopf ergoss. Schlechte Laune? Manni, das mürrische Mammut aus “Ice Age”, war eine wahre Spaßtrompete dagegen.
“Rede es dir doch nicht im Vorfeld schon ein. Sonst wird es wirklich so schlimm.” Das war meine Standardantwort. “Ich gehe lieber vom Schlimmsten aus und werde hinterher positiv überrascht”, kam daraufhin zurück. Eine Einstellung, die nicht unbedingt mit der meinen übereinstimmte, die sich aber dennoch als der Schlüssel zu einer mehr oder minder stabilen psychischen Gesundheit entpuppen sollte. Und das nicht nur für den Flug, der übrigens mit Zwischenstopp in Doha gut 16 Stunden dauerte, sondern auch für den gesamten 14-tägigen Urlaub in Thailand...
Stinky Diaper Society
Unser erster Flug startete überpünktlich um 14.45 Uhr. Während wir am Flughafen einen absolut todsicheren Deal mit unserem Sohn abgeschlossen hatten, der uns seine gute Laune im Gegenzug für regelmäßige Croissant-Zufuhr versicherte, war die Lage im Flugzeug eine ganz andere. Mit Einklappen des Fahrwerks wurde das französische Blätterteig-Gebäck wortwörtlich mit Füßen getreten. Wir hatten uns im Vorfeld Plätze mit mehr Beinfreiheit reserviert. Auf die Idee waren allerdings auch sehr viele andere Eltern mit Kleinkindern gekommen, da die Airline diesen Plätzen auch kleine Bassinets, zu Deutsch Babybettchen, anbot. Somit war schnell klar, dass sich in diesem Teil des Flugzeugs die Stinky Diaper Society befand.
Unser Sohn, in Deutschland das skeptischste Kind der Nation, wenn es um fremde Menschen ging, freundete sich sofort mit unserer iranisch-stämmigen Sitznachbarin an. Die sympathische Frau, die ich auf etwa Ende 50 schätzte, hatte diesen Platz mit besagter Beinfreiheit gewählt, da sie Rückenprobleme quälten und sie so auf einen entspannten Flug hoffte. Na ja, zumindest bis hierher. Sie hatte ihr Schicksal nämlich schon beim Boarding sofort erkannt und war nun gefangen zwischen “Hunger”, “Müde”, “Pipi” und “Kalt”. Doch sie trug dieses Schicksal mit Fassung und statt genervt die Augen zu verdrehen oder uns eh schon gestressten Eltern einen bösen Blick zuzuwerfen, tat sie genau das Gegenteil: sie beschäftigte sich fast den gesamten Flug über mit unserem Kleinen und bot ihm Snacks an (die er leider meist wieder ausspuckte und ich alle Hände voll zu tun hatte, die Reste heimlich zu entsorgen), sodass wir es fast schon genossen, wenn andere Kinder unruhig wurden oder weinten, weil das bedeutete, dass es zur Abwechslung mal nicht unseres war.
McLaren im Duty Free
Gegen 22 Uhr Ortszeit landeten wir schließlich in Doha/Katar. Wenn man über dieses Land auch schon viel gehört hatte, wurde zumindest meine persönliche Erwartung noch übertroffen. Der Flughafen in Doha glich schon beinahe einer eigenen kleinen Stadt. Alleine die Fahrt vom Flugzeug bis zum Flughafengelände dauerte mit dem Bus gut 10 Minuten. Mein Partner verabschiedete sich schnell von dem Gedanken, am Terminal noch ein schönes Foto vom Flieger zu schießen, da selbst seine teure Kamera keinen so guten Zoom besaß.
Im Transit-Terminal angekommen, staunten unsere Augen der unteren Mittelschicht nicht schlecht, als uns mitten in der Halle ein weißer McLaren entgegenblitzte. Am Nummernschildhalter prangte ein großes “Qatar Duty Free”-Schild und ich musste unweigerlich darüber nachdenken, ob so ein Mitbringsel die Wogen zwischen mir und meinen zukünftigen Schwiegereltern wieder glätten würde. Da ich mir für einen sechsstelligen Betrag jedoch noch einige schöne Urlaube - oder gleich ein Haus am Strand weit weg von meinen zukünftigen Schwiegereltern - leisten könnte, wurde der Gedanke auch rasch wieder verworfen.
Auf dem gut 30-Minütigen Weg vom Transit-Terminal zu unserem Gate passierten wir nicht nur weitere hochpreisige Kraftfahrzeuge der Marken BMW, Mercedes und Maserati, sondern auch unzählige Boutiquen in edelster Aufmachung, wie man sie schicker nicht in Paris oder New York finden konnte.
Übrigens: am Flughafen schmeckte auch wieder das frische Croissant. Vielleicht lag es einfach an dem guten Luftgemisch aus Kerosin und heißem Reifengummi. Wer weiß?
Der Fluch der vergessenen Nackenhörnchen
Am Gate angekommen, waren wir uns erst einmal unsicher, ob wir überhaupt richtig waren. Die digitale Anzeigetafel für Fluginformationen war da nicht sehr eindeutig, denn unsere Flugnummer zeigte keinen Flug nach Phuket, sondern nach Penang. Wer damals in Geografie nicht ständig Kreide holen war, weiß, dass Penang nicht in Thailand liegt, sondern in Malaysia. Erfahrene Fernreisende hätten vermutlich sofort gewusst, dass es sich hierbei um einen Gabelflug handelte. Passagiere, die nach Penang reisen wollten, landeten mit uns gemeinsam in Phuket und blieben dann für den Weiterflug einfach sitzen. Bei uns sorgte das für schwitzige Hände, da dies auch nicht deutlich ersichtlich war. Nette Mitreisende, die uns unsere Unbedarftheit in Bezug auf Fernreisen sofort von den panisch aufgerissenen Augen abgelesen hatten, teilten uns mit, dass wir uns tatsächlich zum richtigen Gate verirrt hatten.
Nach dem zugegebenermaßen etwas chaotischen Boarding saßen wir gegen 1.30 Uhr morgens endlich auf unseren Plätzen. Glücklicherweise saßen wir für uns alleine in einer Dreierreihe, sodass das mittlerweile zurecht erschöpfte und knatschige Kind sich nach dem Start quer über die Sitzreihe legen konnte. Für uns hieß das jedoch, dass wir absolut keinen Platz hatten, um uns auch nur irgendwie nicht jeden Nerv einzeln einzuklemmen. Unsere Nackenhörnchen befanden sich derweil ebenfalls im Urlaub, da wir sie am für sie besten geeigneten Ort platziert hatten: im Auto bei uns vor der Haustür.
Wie schließlich unsere Ankunft in Phuket verlief und weshalb wir schon am Flughafen einen ersten Kulturschock erlitten, lest ihr in Part 2...